Best Practice: So geht Innovation
Der Innovationsdialog Handwerk in NRW identifiziert fortlaufend bestehende innovative Modelle und Betriebe in Nordrhein-Westfalen als gute Beispiele. Sie sind die Vorbilder dafür, wie gute Ideen in innovativen Lösungen münden.
Dort arbeiten, wo man gebraucht wird
Best Practice Betrieb »Elcotech GmbH«
Lichtdurchflutet, hell und freundlich …
… ist das Atrium der Elcotech GmbH in Lünen bei Dortmund. Auf einem kleinen Regal hinter dem Empfang reihen sich Auszeichnungen für den Betrieb, der sich auf die Installation von Industrieanlagen spezialisiert hat. Peter Schütte gründete 1996 das Unternehmen in Lünen. Mittlerweile gibt es vier weitere Standorte – unter anderem zwei in Österreich und einen in Kroatien. Der Mensch hinter diesem Erfolg begrüßt uns freundlich und führt in einen Konferenzraum, in dem weitere Urkunden und Preise ausgestellt sind, unter anderem auch das Siegel »Wir fördern Anerkennung« des Projekts »Unternehmen Berufsanerkennung« – gemeinsam unterstützt vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).
Zum Thema Berufsanerkennung …
… hat Peter Schütte viel zu erzählen. Als Sachverständiger war der Meister im Elektroinstallateurhandwerk auch außerhalb Deutschlands viel unterwegs, ehe er die Elcotech GmbH gründete. Das Elektrohandwerk ist für ihn eine Berufung. Noch heute fährt er gerne mit zu Montagen. Allerdings, so erläutert der Unternehmer, spürt auch er den derzeitigen Fachkräftemangel: »In unserer Branche ist man viel auf Reisen, das muss man mögen. Mit Blick auf die Work-Life-Balance wird es eher unbeliebt«, sagt Schütte. So ist er in der Situation, dass Aufträge aus Personalmangel kaum noch angenommen werden können. Schütte: »Unsere Kunden sind Unternehmen aus der Chemie-, Zement und Schwerindustrie. Es geht um Präzision, Sicherheit und viel Verantwortung. Geeignete Talente sind in Deutschland kaum mehr zu finden, auch wenn wir viel in die Ausbildung investieren. Daher müssen wir über den Tellerrand Deutschland blicken und auch internationale Fachkräfte für uns interessieren.«
132 Mitarbeitende, davon 14 Auszubildende
Viele Mitarbeitende stammen aus dem Ausland, etwa aus dem Balkan oder den Philippinen. International gemischte Teams aus den verschiedenen Standorten sind nicht ungewöhnlich. Immer wieder stoßen Mitarbeitende aus der Dependance in Kroatien zum Team im Stammhaus in Lünen hinzu. Die Integration in seinem internationalen Betrieb läuft gut. »Integration ist ein Prozess von beiden Seiten, der viel Aufwand erfordert, aber es ist uns ein Kernanliegen«, erläutert Schütte. Sprachliche Barrieren stehen kaum im Weg – und werden dank Sprachschulungen zügig überwunden: »Zwar muss man kein Deutsch sprechen, um gute Arbeit zu leisten, aber für die Integration ins Team und in die Gesellschaft ist es wichtig«, erklärt Schütte.
Aktuell entsteht auf dem Firmengelände in Lünen ein kleines Gartenhaus, welches als zusätzlicher Treffpunkt für alle Beschäftigten dient. »Hier wollen wir ein Umfeld schaffen, in dem wir gemeinsam zusammenkommen und uns besser kennenlernen, um als Team zu wachsen.«
Erstmals setzte sich Schütte mit dem Anerkennungsprozess für ausländische Fachkräfte auseinander, als ein kroatischer Anlagenmechaniker in Deutschland die Berufsanerkennung erhalten sollte. Doch schon die Einreisegenehmigung gestaltete sich kompliziert: »Wir brauchten alleine acht Monate, bis er in Deutschland war. Er musste also lange auf gepackten Koffern sitzen, obwohl er schon einsatzbereit war.«
Weiterhin müsse man bedenken, dass die Entscheidung, seine Heimat zu verlassen und sich ein neues Leben aufzubauen, nicht einfach ist: »Die Menschen wissen nicht, was genau sie in Deutschland erwartet und wünschen sich Klarheit und Planbarkeit. Darauf sollten wir im gesamten Prozess der Einwanderung stärker eingehen. Weiterhin stellt sich mir die Frage, warum Einreisewillige Arbeitgebern all ihre persönlichen Dokumente überlassen müssen, uns quasi blind vertrauen? Das kann Tür und Tor für Abhängigkeitsverhältnisse öffnen.«
In diesem konkreten Fall hielt sich die Verzögerung noch in Grenzen, wie Schütte aus anderen Fällen weiß: Auf einen Termin in der Botschaft müssten Antragsstellende manchmal über ein Jahr warten, obwohl mittelständische Unternehmen in Zeiten des demografischen Wandels auf sie angewiesen sind. Schüttes Frust über die Prozesse wird hier deutlich: »Für Einreisende und damit auch für uns Betriebe wäre es besser, wenn die Dokumente, die von Antragstellenden unterschrieben werden müssen, nicht auf Deutsch sein müssten, um die Prozesse zu vereinfachen und somit zu beschleunigen. Ich frage mich generell, warum für ein Visum überhaupt Sprachkenntnisse nachgewiesen werden müssen, wenn die Realität auf den Baustellen eine gänzlich andere ist.« Englisch würde vielfach bereits ausreichen, da die meisten seiner Mitarbeitenden diese Sprache beherrschen.
Schüttes Lösungsansatz: Mehr Verantwortung an die Unternehmen abgeben. »Wenn bereits im Ausland eine Ausbildung erfolgreich absolviert worden ist und auch sonst alles passt, sollte eine Einreise doch möglich sein. Die Betriebe wissen selbst am besten, wen sie brauchen. Daher muss hier der ganze bürokratische Prozess vereinfacht werden«, findet Schütte.
Im Bereich der Anerkennung …
… haben Betriebe ein ureigenes Interesse, um Fachkräfte aus dem Ausland nicht nur als Arbeitskräfte zu beschäftigten. »Manche Tätigkeiten, wie das Prüfen sicherheitsrelevanter Anschlüsse, dürfen Elektronikerinnen und Elektroniker, die wir hauptsächlich angestellt haben, ohne einen anerkannten Abschluss gar nicht ausüben. Gleichzeitig können und wollen sich Menschen mit Familien nicht leisten, eine ganz neue Ausbildung zu beginnen, gerade wenn sie eigentlich schon Fachkräfte sind«, gibt Peter Schütte zu bedenken.
Immerhin: Durchweg positiv waren Schüttes Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer Dortmund. Mit ihrer Unterstützung erhielten zwei Beschäftigte bereits ihre Berufsanerkennung, sechs Beschäftigte durchlaufen derzeit den Anerkennungsprozess. Nicht nur für ihn als Unternehmer ist die Anerkennung wichtig: »Für die Beschäftigten ist es doch auch wichtig, eine angemessene Arbeit zu verrichten, die ihren Kompetenzen entspricht. Die Anerkennung gibt ihnen auch die Freiheit, überall in der Branche arbeiten zu können. Wir sind ja nicht die einzigen, die qualifizierte Menschen brauchen.«