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Best Practice: So geht Innovation

Der Innovationsdialog Handwerk in NRW identifiziert fortlaufend bestehende innovative Modelle und Betriebe in Nordrhein-Westfalen als gute Beispiele. Sie sind die Vorbilder dafür, wie gute Ideen in innovativen Lösungen münden.

Fortschritt ohne Grenzen

Best Practice Betrieb »Uwe Walter Gruppe«

»Wer Bäume setzt, obwohl er weiß, dass er nie in ihrem Schatten sitzen wird, hat zumindest angefangen, den Sinn des Lebens zu begreifen«, sagte einst der indische Philosoph Ravindranath Thakur.

Der Mann, der uns da an einem kühlen und trüben Dezembermorgen gegenübersitzt, …

… scheint diese Lebensweise verinnerlicht zu haben. Graue Haare, Jeanshose, kariertes Hemd, Fleecepulli: auf den ersten Blick fast unauffällig, gleichzeitig mit einer positiven und zugewandten Ausstrahlung – so fällt Uwe Walter zu Anfang auf. Mit einem freundlichen Lächeln hatte uns der 60-jährige Unternehmer begrüßt und in einen Besprechungsraum seines Betriebs geführt. Der Raum, scheinbar willkürlich gespickt mit Urkunden, Zertifikaten und Auszeichnungen, ist hell erleuchtet und angenehm warm. An der Wand hängt eine eingerahmte E-Gitarre, gleich darunter reihen sich Aktenschränke aneinander. Gegenüber stehen Stellwände mit Farb- und Stuckmustern, eine Fensterfront offenbart einen weiten Blick auf den Dortmunder Süden.

Bewegtes Leben

Uwe Walter hat ein bewegtes Leben hinter sich. »Ich bin in recht armen Verhältnissen groß geworden. In Erinnerung blieb mir eine Situation, in der ich wirklich einen Tag hungern musste – ohne Chance auf etwas zu essen. Das hat mich demütig gemacht«, erzählt der Malermeister, der ein wahrer Tausendsassa ist. Nach seiner Lehre studierte er zunächst Wirtschaftswissenschaften, ehe er den Meister machte und zum väterlichen Betrieb zurückkehrte. Seit über 30 Jahren führt er nun seinen eigenen Betrieb, mittlerweile sind knapp 30 Menschen bei ihm angestellt.

Der Betrieb ist an diesem Morgen gähnend leer – alle Mitarbeitenden sind längst auf dem Weg zur Baustelle. Wie er alles im Griff hat? »An jedem Feierabend erhalte ich im Projekt-Chat Fotos der erledigten Arbeit«, grinst Walter, »aber mein Ziel ist es eigentlich, mich selbst überflüssig zu machen.« Diese Aussage überrascht, wirkt Uwe Walter doch als der typische Unternehmenslenker, als der Mensch hinter einer Marke, als der Malermeister vom Dortmunder Phoenix-See. Die Unternehmensgruppe, die unter der Dachmarke »Uwe Walter Gruppe – mehr als nur 1 Handwerk« versammelt ist, umfasst mittlerweile sechs Gesellschaften, die sich auf verschiedene Kundengruppen konzentrieren. Zweimal – zuletzt 2021 – wurde Uwe Walter zum Maler des Jahres ausgezeichnet. Als stellvertretender Landesinnungsmeister war Uwe Walter auch lange Teil der Handwerksorganisation. »Jetzt aber bin ich zu alt. Wir brauchen junge Leute im Ehrenamt, die Dinge neu denken, gestalten und voranbringen.«

Dabei ist Uwe Walter in seinem Unternehmen weiterhin der größte Innovationstreiber. »Unternehmer sollten nicht nur auf Profite setzen. Erwirtschaftete Gewinne sollten für die Zukunft des Betriebes ausgegeben werden«, rät Uwe Walter, der immer in neue Maschinen und Hilfen für seine Beschäftigten und Innovationen investiert und investieren will. Erst kürzlich führte er einen digitalen Fassadenrechner ein, über den sich Kunden noch vor dem Erstgespräch einen Überblick über die zu erwartenden Kosten machen können. »Dadurch haben wir im letzten Jahr 38.000 Kilometer an Fahrtstrecke eingespart, weil unsere Kundengespräche deutlich effizienter wurden. Diejenigen, die erst bei Angebotserstellung merken, dass die Dienstleistung für sie zu teuer ist, können das nun vorab schon besser einschätzen«, fasst Walter den Sinn des Rechners zusammen.

Der Fassadenrechner ist dabei nur ein Teil eines fortlaufenden Prozesses, in dem Digitalisierung und Automatisierung im Vordergrund stehen. »Innovation im Handwerk geschieht einzig über Prozesse. Eine effizientere Ressourcenplanung, Umstellung von Prozessen, höhere Leistungsfähigkeit – hier stecken viele ungenutzte Potenziale, auch bei uns. Dabei gilt es für uns auch, selbst die neu eingeführten Prozesse fortlaufend zu prüfen, denn auch die können ja wieder verbessert oder ersetzt werden, zum Beispiel bei der Arbeitsvorbereitung.« Hier spielt auch das Thema Fachkräftemangel eine Rolle: »Wenn wir unsere Fachkräfte nur für die wirklich anspruchsvollen Arbeiten einsetzen könnten, würden wir dadurch alleine schon den Mangel bekämpfen. Dabei helfen auch technologische Neuerungen wie der Spritz-Roboter, um perspektivisch für Entlastungen zu sorgen.«

Eigentlich denkt Uwe Walter schon an die Zukunft, …

… an die Zeit nach ihm. Sein designierter Nachfolger wird bereits seit 8 Jahren eingearbeitet und soll schrittweise über die nächsten fünf Jahre die Unternehmensgruppe übernehmen. »Ich halte mich jetzt noch für innovativ. Aber die Welt ändert sich, Kunden ändern sich ebenso. Was vor 30 Jahren noch gefragt war, ist nun nicht mehr zeitgemäß. Deswegen brauchen wir auch an der Spitze perspektivisch diese Erneuerung, damit wir weiterhin up-to-date und für jüngere Menschen attraktiv bleiben.«

Auch deshalb entwickeln und überarbeiten die Beschäftigten gemeinsam Leitbilder der Unternehmensgruppe weiter – ohne ihren Namensgeber. »Dies führt zu einer besseren Qualität – und die Mitarbeitenden identifizieren sich mit dem Betrieb, weil sie ihn selbst mitgestalten«, erklärt Uwe Walter.

Ein zentrales Thema bleibt die Nachhaltigkeit

Schon seit 12 Jahren nutzt er eine Wärmepumpe, profitiert jetzt mit Blick auf die Energiepreise zusätzlich von der eigenen Solaranlage. »Unser Plan ist, den Betrieb bis Ende 2023 komplett autark führen zu können.« Auch der Müll wurde dank Prozessoptimierungen enorm reduziert– vor 10 Jahren wurden noch 40 Kubikmeter Restfarben pro Jahr entsorgt, mittlerweile sind es lediglich 5–7 Kubikmeter. Zum Abdecken können optional Tücher statt Folien genutzt werden. Für Mitarbeitende besteht die Möglichkeit, einen E-Smart zu leasen – dank neun eigener Wallboxen wird dieser gleich am Betrieb geladen.

Auch seine Kunden dürfen sich als Teil der Nachhaltigkeitsstrategie empfinden. Für jeden neuen Auftrag setzt die Unternehmensgruppe einen Baum. Ganz gleich, wem dieser einmal den nötigen Schatten spendet.

Kontakt

Ansprechpartner:
Henri Sandt
E: henri.sandt[ ät ]whkt.de
T: 0211/3007 722

Barbara Herfs
E: barbara.herfs[ ät ]whkt.de
T: 0211/3007 712