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Best Practice: So geht Innovation

Der Innovationsdialog Handwerk in NRW identifiziert fortlaufend bestehende innovative Modelle und Betriebe in Nordrhein-Westfalen als gute Beispiele. Sie sind die Vorbilder dafür, wie gute Ideen in innovativen Lösungen münden.

Best Practice Betrieb »wohnbehagen GmbH & Co. KG«

Durch Holzhäuser Lebensqualität schaffen – für die, die darin wohnen und die, die sie bauen

Es duftet nach Holz, wenn man die Büroräume der wohnbehagen GmbH & Co. KG betritt. Ein sehr heimeliger, angenehmer Geruch, der so gar nicht zusammenpasst mit moderner Arbeitswelt, mit nüchtern gebauten Büros. Mit einem freundlichen Lächeln begrüßt uns René Willnat, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens. Wir werden in einen kleinen Besprechungsraum geführt, weiß bemalte Wände, Holzbalkendecke.

Ökologisches Bauen liegt im Trend

Vor mehr als 15 Jahren machte René Willnat seine Leidenschaft, Häuser vollständig aus Holz zu bauen, zum Beruf und gründete die wohnbehagen GmbH & Co. KG. Der Name ist Programm: Menschen sollen sich dort, wo sie die meiste Zeit verbringen, wohl fühlen. Die Auswahl der Materialien ist dabei entscheidend, so Willnat: »Naturmaterialien wie Holz und Lehm haben positive Raumklimaeigenschaften und wirken wie ein Klimapuffer. Sie regulieren ideal den Austausch von Wärme und Feuchtigkeit in Räumen. Dadurch wird eine optimale relative Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 60 Prozent erreicht. Der ideale Wert, um das körperliche Wohlbefinden und die Gesundheit zu fördern. Ökologische Baustoffe und die hochwertige thermische Gebäudehülle schaffen warme Oberflächentemperaturen, sodass es nur noch einer geringen Nachheizung bedarf und im Sommer die Hitze draußen bleibt.«

Mit Blick auf teurer werdende Baumaterialien, auf Fachkräftemangel und …

… eine weiterhin enorme Auftragslage entschied sich das Unternehmen, vor einigen Jahren ein Holzfertighaus zu entwerfen – das arboraHAUS. Dank des modularen Prinzips ist das Haus hochwertig, schnell und dennoch individuell fertiggestellt. Willnat: »Früher haben wir immer nur ein Haus für jeden Kunden einzeln gebaut, mit dem arboraHAUS konnten wir Synergien bündeln und sparen hier 15% Material ein. Übrigens: wir befinden uns gerade im Prototypen!« So kann jeder Gast sehen, riechen und generell wahrnehmen, wie es sich anfühlen könnte, in einem arboraHAUS zu leben. Dafür stehen alle im Raum verwendeten Materialien an jeder Tür.

Das Haus ist energieautark, Strom und Wärme werden mit Solarenergie erzeugt. »Wir haben hier null Heizkosten. Sollte die Solarthermie nicht ausreichen, heizen wir mit dem Verschnitt aus der Produktion nebenan«, erklärt Willnat. »Die Halle ist ebenfalls energieffizient und durch die Betonkernaktivierung als träge Speichermasse wird eine Woche lang noch Wärme aus dem Boden abgegeben, auch wenn die Sonne nicht scheint.«

Kundinnen und Kunden erhalten hier …

… von der Planung über die nachhaltige Produktion bis zum Einzug eine vollständige Beratung und Betreuung. Das Team, welches dieses Rundum-Sorglos-Paket für die Kundschaft leistet, bestand anfangs aus fünf Leuten, später wurden es dann acht bis zehn Beschäftigte. Das hohe Arbeitsvolumen sorgte allerdings dafür, dass andere Dinge in den Hintergrund rückten: »Ich habe meine Kinder nicht mehr gesehen. Ich bin morgens ins Büro gefahren, als sie noch geschlafen haben, und kam abends wieder, als sie schon im Bett waren. Das wollte ich irgendwann nicht mehr. Deshalb habe ich mir eine einjährige Auszeit genommen und bin mit ihnen durch Europa gereist«, erzählt Willnat.

Seine Auszeit wurde im Team gut vorbereitet, …

… der Betrieb sollte auch ohne den Geschäftsführer laufen. Und es gelang: »Anfangs wurde ich noch wöchentlich angerufen. Dann auf einmal nicht mehr, dann habe ich mich auch mal im Betrieb gemeldet und gefragt, ob alles in Ordnung sei«, erzählt Willnat lachend. Alles lief natürlich nicht glatt, aber nach seiner Rückkehr standen sowohl die Zimmerei als auch das Büro noch. Diese beiden waren noch räumlich voneinander getrennt, was sich 2020 ändern sollte. Zwei Monate vor Beginn der Pandemie nahm Willnat einen Kredit für ein neues Firmengelände auf, und trotz der ungewissen Lage wurde der neue Sitz pünktlich bezogen. Mit diesem Umzug konnten neue Strukturen aufgebaut werden. 

»Streng genommen haben wir den Server vollständig gelöscht, um uns von alten Prozessen zu verabschieden und effizienter zu werden. Alle Beschäftigten wurden in die Neu-Entwicklung der Prozesse einbezogen bzw. geschult. Heute beginnt bereits beim ersten Telefonat der Prozess und die Arbeit im Team«, erklärt Willnat. Beschäftigte können sich ihre Projekte selbst aussuchen, das gilt sowohl für das Büro als auch für die Zimmerei. So formiert sich ein Team für den entsprechenden Auftrag und die Arbeit wird auf mehrere Schultern verteilt, sodass sich die Beschäftigten mit ihrem eigenen Projekt identifizieren.

Willnat: »Arbeitsschritte werden oft früher fertiggestellt, die Arbeit macht den Menschen Spaß und ist sinnstiftend. Und sollte mal etwas schief gehen, wird niemandem die Schuld gegeben, sondern Verantwortung übernommen. Dies sorgt auch für Transparenz bei der Kundschaft.«

Es gilt darum, die Stärken der Mitarbeitenden zu stärken, …

… weshalb Mitarbeitende selbst entscheiden können, welche Aufgaben sie übernehmen. So gelingt es, viele Multitalente im Unternehmen zu halten. »Ich bin der Ansicht, 0815 oder Dienst nach Vorschrift kann jeder. Deshalb lassen wir unkonventionelle Maßnahmen zu, sodass viele Multitalente bei uns bleiben.« Exemplarisch für die vielen Freiräume, die Beschäftigte bei wohnbehagen genießen, steht das Tiny House zwischen Zimmerei und Bürogebäude auf dem Firmengelände, ein früherer Prototyp ohne Telefon- oder Internetanschluss. Beschäftigte können alleine oder im Team in das Haus gehen, wenn sie ein Problem haben. Sie werden nicht gestört, bis sie mit einer Lösung wieder herauskommen.

Dieses hohe Maß an Eigenverantwortung ist Philosophie des Unternehmens: »Die Vision der verkauften Häuser, also Lebensqualität, ist gleichzeitig unsere Vision bei der Arbeit. Niemand sollte sich dazu zwingen müssen, morgens zur Arbeit zu kommen. Dafür versuchen wir, die besten Bedingungen zu schaffen.« So können Beschäftigte im Büro selbst entscheiden, wann und von wo sie arbeiten. Solch flexible Arbeitszeiten sind in der Zimmerei nicht möglich, hier wird regulär von Montag bis Freitag gearbeitet. Allerdings erhalten die Beschäftigten hier Puffertage und sind nur von Montag bis Donnerstag auf Montage.

»Und die Brückentage sind bei uns immer frei, es sei denn, die Beschäftigten möchten arbeiten«, ergänzt Willnat. »Die Mitarbeiterzufriedenheit ist sehr wichtig. Aktuell verfolgen wir das Ziel, das beste Team in der Region zu werden.« Deshalb entscheiden die Beschäftigten darüber, ob Bewerberinnen und Bewerber eingestellt werden.

Ein erster Schritt für Willnat, sein Ziel zu erreichen: »Ich will nicht mehr selbstständig sein, sondern Unternehmer. Und dieses Unternehmen soll alleine laufen, egal ob ich da bin oder nicht. In Zukunft möchte ich nicht mehr im, sondern am Unternehmen arbeiten.«

Die Grundvoraussetzungen dafür sehen gut aus: Für 2023 ist wohnbehagen Velen bereits komplett ausgelastet.

Mehr Informationen zum Unternehmen wohnbehagen unter: https://www.wohnbehagen.eu/.

Kontakt

Ansprechpartner:
Henri Sandt
E: henri.sandt[ ät ]whkt.de
T: 0211/3007 722

Barbara Herfs
E: barbara.herfs[ ät ]whkt.de
T: 0211/3007 712