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Anregungen aus Handwerksorganisationen, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft:

Vierte Umfrage: Digitalisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz birgt hohe Potentiale für das Handwerk

Mit regelmäßigen Dialogformaten (Beteiligungsforen) bindet der Innovationsdialog Handwerk in NRW die Kompetenzen aller Handwerksorganisationen Nordrhein-Westfalens sowie der Partner des Handwerks aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik in den Austausch ein, um Einschätzungen und Meinungsbilder zu bündeln. Die vierte Umfrage zum Thema Digitalisierung untersuchte, welche Entwicklungen im Zusammenhang mit der digitalen Transformation den größten Einfluss auf die Handwerksbetriebe von heute und morgen haben und welche Hürden es auf dem Weg zur erfolgreichen Digitalisierung gibt. Erneut zeugen 59 Teilnehmende, die mehr als 1.300 Antworten abgegeben haben, von einem großen Interesse am gemeinsamen Austausch und Mitgestaltung der Zukunft des digitalen Handwerks.

Digitalisierung als Werkzeug gegen Fachkräftemangel?
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen nur vereinzelt unterschiedliche Einschätzungen und Meinungsbilder zum Zukunftsthema Digitalisierung auf, etwa bei der Einschätzung verschiedener Potentiale für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Handwerksbetrieben oder bei Hindernissen für die Digitalisierung, auf welche später detailliert eingegangen wird. Größtenteils fällt die Mehrheit der abgegebenen Antworten einhellig aus, insbesondere bei der Einschätzung, ob die Digitalisierung ein Baustein sein kann, die Wirkung des Fachkräftemangels abzuschwächen. Die Arbeitsmarktprognose für das Jahr 2030 hat dies aufgrund einer gestiegenen Produktivität im Zuge der Digitalisierung konstatiert und über 90 Prozent der Befragten aus Handwerksorganisationen, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik stimmen dieser Schlussfolgerung zu.

Die Arbeitsmarktprognose des Bundesarbeitsministeriums für das Jahr 2030 konstatiert, dass die Digitalisierung ein großes Potential für die Produktivität der Wirtschaft bietet. Somit könnte die Digitalisierung ein Baustein sein, die Wirkung des Fachkräftemangels abzuschwächen. Für das Handwerk ergeben sich daraus eher …


Für das gesamte Handwerk lohnt sich die Digitalisierung
Mit einer Studie sorgte das E-Commerce-Center Köln jüngst für Aufsehen. So setzte jeder zweite Beschäftigte auf Kugelschreiber und Papier anstelle von digitalen Tools. Verschiedene Gründe und Herausforderungen, die eine Digitalisierung von Handwerksbetrieben verzögerten, wurden von den Teilnehmenden des vierten Beteiligungsforums bewertet.

Hier zeigten sich nur vereinzelt differenzierte Meinungsbilder. Einzig die Aussage, dass es mehr finanzielle Anreize brauche, damit sich Betriebe digitaler aufstellen, wurde nur mit einer knappen Mehrheit eingeordnet: Knapp 57 Prozent stimmten dieser Aussage zu. Mit knapp 72 Prozent fällt die Einschätzung der Befragten deutlich einhelliger aus, dass Zeitmangel neben dem Alltagsgeschäft die Digitalisierung von Handwerksbetrieben verzögert. Auch wenn das Handwerk mit seinen 130 verschiedenen Ausbildungsberufen breit aufgestellt ist, stimmte ein Großteil der Befragten Aussagen nicht zu, hierin Gründe für die schleppende Digitalisierung zu sehen. Die Digitalisierung sei nicht nur für bestimmte Gewerke interessant (knapp 75 Prozent) und der Arbeitsalltag im Handwerk anders als vor 10 Jahren (knapp 73 Prozent). Die größten einhelligen Werte erreichten die Aussagen, dass sich die Digitalisierung für kleine Betriebe (1-3 Beschäftigte) nicht lohnen würde und dass die Kosten für digitale Tools zu hoch seien und in keinem betriebswirtschaftlichen Mehrwert stünden. Diese wurden mit jeweils über 80 Prozent von der Mehrheit der Befragten abgelehnt. Im Umkehrschluss stimmten knapp 83 Prozent der Teilnehmenden zu, dass Handwerksbetriebe für ihre digitale Transformation mehr Unterstützung der Handwerksorganisation benötigten.

Laut einer Studie des E-Commerce-Centers (ECC) Köln spielt die Digitalisierung im Handwerk derzeit fast keine Rolle. Rund jeder zweite Beschäftigte setzt lieber auf Kugelschreiber und Papier anstelle von Smartphone-Apps und Inventursoftware. Woran kann dies liegen? Bitte bewerten Sie die folgenden Aussagen:

Aussage  

stimme zu

stimme nicht zu

Der Arbeitsalltag im Handwerk ist trotz Digitalisierung der Gesellschaft derselbe wie vor 10 Jahren.

27,59 %

72,41 %

Die Digitalisierung ist nur für bestimmte Handwerke interessant.

25,42 %

74,58 %

Es braucht mehr finanzielle Anreize, den Betrieb digital aufzustellen.

56,90 %

43,10 %

Handwerksbetriebe brauchen mehr Unterstützung von der Handwerksorganisation bei der Digitalisierung.

82,76 %

17,24 %

Für kleinere Betriebe (1–3 Beschäftigte) lohnt sich die Digitalisierung überhaupt nicht.

10,34 %

89,66 %

Neben dem Alltagsgeschäft bleibt keine Zeit, sich mit der Digitalisierung des eigenen Betriebs zu beschäftigen.

72,41 %

27,59 %

Die Kosten sind zu hoch und stehen in keinem erkennbaren Mehrwert für Betrieb und Kundschaft.

19,30 %

80,70 %

Großes digitales Potential in der Verwaltung
Um den in der vorigen Frage bestätigte Herausforderung, dass vor allem Zeitmangel neben dem Alltagsgeschäft die Digitalisierung in Handwerksbetrieben verzögert, zu meistern, ist es wichtig, Prioritäten zu setzen und die besten Stellschrauben für eine digitale Transformation zu identifizieren.

Das größte Potential sehen die Befragten mit knapp 90 Prozent in der Buchhaltung, der Kommunikation mit Lieferanten (knapp 83 Prozent), der Lagerverwaltung (knapp 80 Prozent) und im Bereich Marketing/Kundenakquise (knapp 77 Prozent). Hohes Potential sehen die Teilnehmenden ebenfalls mehrheitlich im Bereich Arbeitsvorbereitung (knapp 65 Prozent) und der internen Kommunikation im Betrieb (knapp 67 Prozent). Einzig im Bereich Werkzeug- und Geräteverwaltung fällt das Meinungsbild nicht so deutlich aus, schätzen hier als einzige Ausnahme nicht mehr als die Hälfte der Teilnehmenden das Potential als hoch ein. In diesem Bereich erreicht die Einschätzung, dass es in diesem Bereich überhaupt kein Potential gäbe, die höchste Zustimmungsrate mit knapp sieben Prozent, der Rest der Befragten schätzt das Potential als mäßig ein. Nur vereinzelt wird in den aufgezählten Bereichen überhaupt kein Potential gesehen.

In welchen Bereichen sehen Sie bei der Digitalisierung des Handwerks das größte Potential?

Bereich

kein Potential

mäßiges Potential

hohes Potential

Buchhaltung

-

10,17 %

89,83 %

Kommunikation mit Lieferanten

1,69 %

15,25 %

83,05 %

Lagerverwaltung

-

20,34 %

79,66 %

Marketing/Kundenakquise

-

23,73 %

76,27 %

Innerbetriebliche Kommunikation

5,08 %

28,81 %

66,10 %

Arbeitsvorbereitung

1,69 %

33,90 %

64,41 %

Werkzeug- und Geräteverwaltung

6,78 %

44,07 %

49,15 %

 

Verschiedene Beispiele für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Handwerk
Etwas differenzierter sieht das Meinungsbild der Befragten bei der Frage aus, in welchen konkreten Bereichen Künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt werden könnte. KI wird mehrheitlich in keinem Bereich als nicht nötig eingeschätzt und sie wird nach Einschätzung der Befragten in keinem Bereich die menschliche Tätigkeit komplett ersetzen.

Die Antwortraten sind in diesem Bereich oft deutlich unter zehn Prozent, allerdings gibt es einige Ausreißer: 22 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass Buchhaltung künftig ohne menschliche Tätigkeit möglich ist. Auf der anderen Seite schätzen knapp 15 Prozent Qualitätskontrolle und knapp 17 Prozent Arbeitsvorbereitung als Bereiche ein, in denen keine KI nötig ist. Im letztgenannten Bereich schätzt die Mehrheit der Befragten mit knapp 46 Prozent KI als sehr hilfreich ein, ebenso im Bereich Buchhaltung mit 44 Prozent. Knapp 60 Prozent schätzen KI im Bereich Angebotserstellung ebenfalls als sehr hilfreich ein, die Antwort mit der höchsten Zustimmungsrate aller Bereiche. Für die restlichen Bereiche wird KI mehrheitlich als hilfreich eingeschätzt.

Der kürzliche Release von ChatGPT hat medial für viel Aufsehen gesorgt, da das Tool über Potentiale verfügt, ganze Berufsgruppen, auch im kreativen Bereich, zu ergänzen oder sogar gänzlich ersetzen zu können. KI-Experten von KI.NRW und des Fraunhofer IAIS haben in mehreren Betrieben aus verschiedenen Gewerbegruppen sogenannte AI.Shadowings durchgeführt und festgestellt, dass es viele Beispiele gibt, wie Künstliche Intelligenz auch im Handwerk Einzug halten könnte. Bitte bewerten Sie die folgenden Potentiale für den Einsatz von KI in Betrieben:

Bereich

keine KI nötig

hilfreich

sehr hilfreich

ersetzt menschliche Tätigkeit

Qualitätskontrolle

15,25 %

49,15 %

30,51 %

5,08 %

Angebotserstellung

5,26 %

29,82 %

59,65 %

5,26 %

Buchhaltung

5,08 %

28,81 %

44,07 %

22,03 %

Kommunikation mit Kundschaft

8,47 %

50,85 %

33,90 %

6,78 %

Arbeitsvorbereitung

16,95 %

33,90 %

45,76 %

3,39 %


Impulse, wie sich das Handwerk digitaler aufstellen kann
Gewerkespezifisch könnte KI im Bereich Dokumentationspflichten, z.B. durch die Automatisierung der notwendigen Berichte, sehr hilfreich sein. Letztlich könnte durch automatisierte, digitale Tools allgemein Bearbeitungszeiten verringert werden, was gerade im Vergleich mit anderen Branchen und Anbietern wichtig ist. Aktuell sei die Kundschaft hier bereits einen hohen Grad der Digitalisierung und davon ausgehend geringe Bearbeitungszeiten gewöhnt, was Handwerksbetriebe aktuell nicht leisten können.

Weitere Impulse für die Digitalisierung des Handwerks umfassen neben der Unterstützung von Mitarbeitenden durch Robotik die Einführung von Schnittstellenstandards in verschiedenen Softwares, die weiterhin noch zu teuer für Handwerksbetriebe seien. Hier müssten die Handwerksorganisationen aktiv werden, damit sich Anbieter für das Handwerk interessieren und gleichzeitig möglichst viele Betriebe erreicht werden. Dies könnte über den Einsatz von Best Practice Beispielen und zielgruppengerechte, kreative Angebote und Formate, z.B. Unternehmerabende nach Feierabend, erreicht werden. Gleichzeitig müsste mit jeder Digitalisierungskampagne auch eine Sensibilisierung für zunehmende Cyber-Attacken erreicht werden. Voraussetzung für eine adäquate Begleitung und Unterstützung von Handwerksbetrieben bei der Digitalisierung ist die Umsetzung dieser innerhalb der Handwerksorganisationen.

Der Innovationsdialog Handwerk in NRW wird gefördert vom Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen.

Kontakt

Ansprechpartner:
Henri Sandt
E: henri.sandt[ ät ]whkt.de
T: 0211/3007 722

Barbara Herfs
E: barbara.herfs[ ät ]whkt.de
T: 0211/3007 712